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Ralph Pommée, der letzte Libero der KAS Eupen: „Stolz für Eupen und die AS gespielt zu haben“

Welcher Eupener kennt ihn nicht, den weißen Lieferwagen mit der Aufschrift „Sanitäre Installationen Ralph Pommée“? Am Steuer sitzt meist der Chef des 1890 gegründeten Familienbetriebs, der in den nächsten Jahren wohl an Sohn Moritz übergehen wird. Doch noch ist Ralph Pommée (Jahrgang 1967) beruflich voll aktiv und nimmt sich am Samstagvormittag Zeit für das Interview zu seiner Laufbahn bei der AS Eupen, wo er zwischen 1988 und 1997 auf dem Posten des Liberos 140 Spiele für die 1. Mannschaft bestritten hat.

Unaufgeregt und schmunzelnd plaudert er darüber, wie Guillaume Rox ihn bei der KTSV Eupen abgeworben hat, wie er sich im ersten Spiel für die 1. Mannschaft praktisch selbst eingewechselt hat, über seine hohen Fußballschuhe ‚Adidas Liverpool‘ und über seine AS-Freunde, mit denen er sich heute noch jeden Freitag auf ein Bier bei Grosch in der Unterstadt trifft. „Diese Freundschaft ist vermutlich das Beste, was der Fußball bei der AS mir gegeben hat“, bilanziert er.

Neben den sportlichen Höhepunkten, die es im Verlauf der Clubgeschichte gab, würdigt Ralph Pommée rückblickend mutige Weichenstellungen und hebt den Bau der neuen Haupttribüne mit Business Club zu Beginn der 90er Jahre oder auch die Übernahme des Clubs 2012 durch Aspire als Meilensteine hervor.

Ralph Pommée

Das Interview mit Ralph Pommée


Im Alter von 14 Jahren hast du 1981 bei der AS Eupen angefangen. Wurde dieser Weg durch die Familie oder die Freunde vorgegeben?

Keinesfalls! Ich bin im Bellmerin groß geworden und da gab es in der Gruppe der Jungs aus der Nachbarschaft eine sehr ungewöhnliche Konstellation. Wir trafen uns in jeder freien Minute zum Fußballspielen auf einer Wiese hier im Viertel. Im Spätnachmittag zogen wir dann aber alle gemeinsam zum Handballtraining bei der KTSV. Wir hatten ein sehr starkes Team und gewannen alle Spiele haushoch. Ich war Torwart und wurde kaum gefordert, umso härter musste ich im Training ran und bekam die Würfe aus kurzer Distanz direkt auf den Körper. Das war nicht immer lustig.

Und dann bist du Guillaume Rox begegnet, dem unermüdlichen Jugendtrainer der AS Eupen. Wie kam es dazu?

Nach dem Handballtraining gingen wir aus der Halle am Stockberger Weg und Guillaume Rox kam immer dort vorbei, wenn er sein Training am Kehrweg beendet hatte. Er hat mich einige Male angesprochen, und versucht mir den Fußball schmackhaft zu machen. Eines seiner Argumente war, dass Fußball an der frischen Luft und nicht in einer – wie er sagte – ’stickigen‘ Halle gespielt wird. Da ich mit meinem Dasein als Handballtorwart nicht ganz glücklich war, habe ich mich sozusagen abwerben lassen und bin zur AS gegangen. 

Hast du den Übergang zu der neuen Sportart und einem neuen Club denn gut gemeistert?

Ja, ich habe mich schnell eingelebt bei der AS und bin meinen Weg gegangen von den Kadetten über die Scolaires und Junioren bis hin zur Reserve. Bei den Junioren sind wir unter unserem Trainer Peter Joseph Haag sogar einmal Provinzmeister geworden.

Den ersten Einsatz mit der ersten Mannschaft hattest du in der Saison 1988-89, wo die AS in der Promotion spielte. Erinnerst du dich noch daran?

Natürlich erinnere ich mich noch daran. Wir spielten in Visé und ich saß auf der Auswechselbank als einer unser Abwehrspieler mit einer Platzwunde vom Feld musste. Ich hatte den Eindruck, der einzige Defensivspieler auf der Bank zu sein, zog sofort meine Jacke aus und ging zum Spielfeldrand. Damit hatte ich unseren damaligen Interimscoach Georges Pirnay überrascht und vor vollendete Tatsachen gestellt. Er ließ es jedoch geschehen und so habe ich mich sozusagen selbst eingewechselt.

Welches waren als Spieler deine Stärken und deine Schwächen?

Um mit der Schwäche zu beginnen: Ich hatte keine sehr gute Technik. Hingegen war ich sehr schnell, zweikampfstark und hatte ein gutes Stellungsspiel. Das habe ich genutzt, um meine Gegenspieler immer wieder ins Abseits laufen zu lassen, diese Möglichkeiten hatte der Libero ja, als letzter Mann vor dem Torwart. Ich war im Verlauf meiner Karriere so gut wie nie verletzt. Sicherlich haben dazu auch die hohen Fußballschuhe beigetragen, meine ‚Adidas Liverpool‘ und ‚Adidas Rotterdam‘, die ich praktisch als einziger trug, und auf die ich heute noch angesprochen werde.

Von 1988 bis 1994 spielte die AS in der Promotion, erst 1995 gelang der Wiederaufstieg in die 3. Division. Wie beurteilst du diese Zeit aus sportlicher Sicht und welche Rolle hast du gespielt?

Sportlich war das sicher keine sehr erfolgreiche Epoche in der Vereinsgeschichte. Wir spielten in der Promotion und dort meist auf den hinteren Tabellenplätzen, bevor wir in der Saison 94-95, endlich wieder den Aufstieg in die D3 schafften. Es war eine Zeit, wo zunächst noch viele Eupener Spieler, ausgebildet in der eigenen Nachwuchsabteilung, mitspielten. Doch die wurden immer weniger und es kamen immer neue Transferspieler hinzu, darunter auch immer wieder neue Liberos. So hatte ich schon den Eindruck, keine Lobby zu haben. Bezeichnend ist, dass ich zu Saisonbeginn auf kaum einem Mannschaftsbild zu sehen war, ich dann aber durch meine Leistungen in der Reserve auf mich aufmerksam machen konnte, und im Laufe der Saison auch immer öfter in der Ersten eingesetzt wurde. So habe ich es dann bis zu meinem Karriereende 1997 doch auf immerhin 140 Einsätze in der 1. Mannschaft gebracht. Und darauf bin ich heute noch stolz: Für meine Stadt und meinen Club gespielt zu haben.

In diese Zeit fällt der erste große Umbau des Stadions mit der Planung und Errichtung der neuen Haupttribüne, der heutigen T1, inklusive Business Club. Wie wichtig war dieser Schritt für die AS?

Er war dringend notwendig, wenn man sich vor Augen führt, unter welch abenteuerlichen Bedingungen wir uns unter der früheren Haupttribüne, da wo jetzt die T3 steht, zwischen Stützpfeilern und Gasöfen duschen und umziehen mussten. Das war gottverboten. Die neue Haupttribüne, die man wohl als Lebenswerk unseres damaligen Präsidenten Dieter Steffens bezeichnen darf, war in meinen Augen die einzig mögliche Entscheidung aber in seiner Konsequenz auch ein sehr mutiger und weitsichtiger Schritt in die Zukunft der AS Eupen, die ja zu meiner Zeit 1995 ihr 50-Jähriges feierte.

Jetzt steht das nächste Jubiläum an, die KAS Eupen wird 80. Wie siehst du den Club heute?

Eher positiv. Die Übernahme durch Aspire hat nach einer sehr unruhigen Phase, Kontinuität und Professionalität in den Club gebracht und hat die KAS Eupen zu einem bedeutenden Unternehmen in der Region werden lassen. Die neuen Besitzer haben den gesamten Komplex des Stadions saniert, das hätte die Stadt als Besitzer niemals geschafft. Wenn ich schaue, gegen welche Vereine ich vor 35 Jahren gespielt habe, dann stelle ich fest, dass es sehr viele dieser Clubs inzwischen nicht mehr gibt oder sie Zwangsabstiege in die Provinzklassen hinter sich haben. Wir sind zwar leider im letzten Jahr abgestiegen, haben uns aber als kleiner Club im Kreis der belgischen Profivereine etabliert. Uns gibt es noch und wir sind schuldenfrei. Das lasse ich mir nicht schlecht reden, weil irgendwelchen Leuten der neue Besitzer nicht gefällt.

Was wünschst du deiner KAS Eupen zum 80. Geburtstage?

Zunächst gratuliere ich meinem Verein aufs Herzlichste zum Jubiläum und wünsche mir, dass die Clubverantwortlichen die richtigen Entscheidungen treffen, für die AS und für unsere Region. Außerdem wünsche ich der AS den Wiederaufstieg in die 1. Liga, denn die 2. Liga ist hier in Belgien im Gegensatz zu Deutschland eher unattraktiv.